Weg-Wort vom 5. November 2020
Vom Apostel Johannes wird erzählt, dass er im Alter gerne mit einem zahmen Rebhuhn spielte. Als er einmal mit dem Tier vor dem Haus sass, kam ein Jäger vorbei. Dieser wunderte sich sehr, dass ein angesehener Mann wie Johannes seine Zeit mit etwas so Unwichtigerem verbrachte. Also fragte er den Apostel: „Warum vergeudest du deine Zeit und wendest diesem nutzlosen Vogel deine Aufmerksamkeit zu?“
Johannes schaute den Jäger lange und genau an. Dann sagte er zu ihm: „Ich sehe, du hast deinen Bogen für die Jagd dabei. So sage mir, warum ist er denn nicht gespannt?“ Der Jäger antwortete: „Es täte dem Bogen nicht gut, wenn er immer gespannt wäre. Er würde seine Spannkraft verlieren, und ein abgeschossener Pfeil hätte dann keine Kraft mehr, sein Ziel zu erreichen.“

Bild von Susanne Jutzeler, suju-foto auf Pixabay
Der Apostel nickte bedächtig und sagte dann: „Genauso wie dein Bogen müssen sich die Menschen immer wieder einmal entspannen. Würde ich mich nicht erholen und entspannen, indem ich zum Beispiel mit diesem schönen Rebhuhn spiele, dann hätte ich irgendwann keine Kraft mehr, das Notwendige zu tun. Gönne ich mir genügend Entspannung, dann kann ich auch meine Ziele verfolgen und das erreichen, was wirklich wichtig ist.“
Die Notwendigkeit der Erholung für alle ist auch eine ganz zentrale Botschaft in der Bibel. Gott ruhte am siebten Tag seiner Schöpfung. Ordensleute nennen Zeiten der Entspannung Rekreation. Das bedeutet Wiedererschaffung. Unserer Gesellschaft, die ständig danach strebt, vermeintlich Unproduktives zu beseitigen, unserer Umwelt, Ihnen den Lesenden und mir selbst wünsche ich immer genug von dieser schöpferischen Kraft der Erholung.