Diesen Gedanken trage ich meist in mir, wenn ich Besuch erwarte. Bei uns ist es nahezu unmöglich, alles aufgeräumt und sauber zu wissen. Frisch geputzte Bäder können innerhalb kürzester Zeit wieder mit Seifen- oder Zahnpastaflecken dekoriert werden. Ordentlich eingeräumte Bücher landen wieder auf dem Boden und werden dort durchgeblättert. In der Küche ist es nicht besser: Alles abgewaschen, getrocknet und eingeräumt findet sich spätestens nach zehn Minuten jemand, der ein Glas Wasser oder Brösel hinterlässt. Auf dem Schreibtisch liegen Rechnungen und Notizen von zu erledigenden Aufgaben.
Im Laufe der Zeit wurden wir ruhiger. Mit mehreren Kindern ist es schwierig, den perfekten Haushalt, der wie im Magazin glänzt, zu haben. Wir sind keine Vorzeigefamilie. Mit den vorhandenen Ressourcen kann einigermaßen für Ordnung und Sauberkeit gesorgt werden – immer und ganz besonders, wenn Besuch erwartet wird. Letztlich darf man sehen, dass hier gelebt wird. Zunehmend gelingt es uns, den Besuch in den Mittelpunkt zu stellen und nicht die Umgebung. Gemütliches Zusammensein, ein Zuhause zum Wohlfühlen für uns und unsere Gäste – es zählt weit mehr als alles Funkeln und Glänzen an allen Ecken und Enden.
Diesen Text habe ich am 1. Dezember in einem Lesekalender* gefunden. Ich möchte ihn Ihnen weitergeben, weil die Festtage nahen, in denen wir Besuch empfangen oder Besuche machen. Der höchste Gast, den wir erwarten, ist ohnehin im Stall geboren und wird sich an Papierstapeln auf meinem Schreibtisch nicht stören.
* Alles hat seine Zeit, Impulse, Gedanken, Anregungen für jeden Tag; St Benno Verlag, Leipzig